Hessen: Freiheitsfonds kauft Inhaftierte wegen Schwarzfahrens frei!

Hessen: Freiheitsfonds kauft Inhaftierte wegen Schwarzfahrens frei!

Wiesbaden, Deutschland - In Hessen sitzen Menschen in Haft, weil sie ohne Ticket mit Bus und Bahn gefahren sind. Ein Umstand, der nicht nur rechtliche, sondern auch soziale Fragen aufwirft. Kritiker der aktuellen Regelung argumentieren, dass damit vor allem Armut bestraft wird. Deshalb hat sich die Initiative Freiheitsfonds gegründet, die Spenden sammelt, um Betroffene freizukaufen und dadurch das Gefängnissystem ein Stück weit zu entlasten. Demnach hat die Initiative seit ihrer Gründung im Dezember 2021 bereits 75 Personen aus der Haft befreit und damit fast 17 Jahre Haftzeit verhindert, wie Tagesschau berichtet.

Ein Beispiel für die gravierenden Auswirkungen dieses Problems bringt der Fall von Mario, einem 44-jährigen Mann, der drei Wochen in Haft war, weil er dreimal ohne Ticket gefahren war. Die Geldstrafe von 900 Euro konnte er nicht aufbringen, was zu seiner Inhaftierung führte. Hätte der Freiheitsfonds nicht eingegriffen, hätte Mario insgesamt zwei Monate im Gefängnis verbringen müssen. Ähnlich erging es Torsten, der nach zehn Tagen Haft freigekauft wurde und von den negativen Konsequenzen für seine Familie und seinen Job berichtete.

Armut trifft die Falschen

In Deutschland sitzen jährlich etwa 7.000 Menschen wegen nicht bezahlter Tickets hinter Gittern. Laut taz trifft die Strafverfolgung vorwiegend arme Menschen und solche in prekären Lebenslagen, von denen viele arbeitslos sind oder keinen festen Wohnsitz haben. Nicole Bögelein, eine der Initiatorinnen des Aufrufs zur Reform, kritisiert den § 265a StGB, der aus der Zeit der Nationalsozialisten stammt. Ihrer Ansicht nach erhalten wir es hier mit einer veralteten Regelung zu tun, die keinen Platz in einer modernen Gesellschaft haben sollte.

Neben den menschlichen Schicksalen zeigt sich auch der finanzielle Aspekt der Problematik. Die Kosten für die Verfolgung und Inhaftierung von Personen, die wegen Fahrens ohne Ticket verurteilt werden, belaufen sich auf rund 114 Millionen Euro jährlich. Ein Hafttag kostet den Staat im Schnitt 209,64 Euro. In einigen Städten, darunter Köln und Halle an der Saale, wird das Fahren ohne Ticket bereits nicht mehr strafrechtlich verfolgt, was andere Städte und Verkehrsunternehmen nachdenklich macht.

Ein Weg zur Reform?

Die Diskussion um die Reform des Paragrafen 265a scheint an Fahrt zu gewinnen. Justizminister Marco Buschmann hat bereits im November 2023 ein Eckpunktepapier vorgelegt, das vorsieht, das Fahren ohne gültigen Fahrausweis als Ordnungswidrigkeit zu behandeln. Diese Maßnahme könnte die Justiz entlasten und teure Inhaftierungen vermeiden, argumentiert Tagesspiegel.

Die Initiative Freiheitsfonds hat in den letzten Jahren über 1.058 Menschen erfolgreich aus der Ersatzfreiheitsstrafe befreit. Bei einer bundesweiten Aktion, dem „Freedom Day“, konnten 63 Personen aus Haft entlassen werden. Der Gründer des Fonds, Arne Semsrott, fordert nicht nur die Abschaffung des § 265a, sondern auch eine umfassende Reform der Praxis des Schwarzfahrens, um der Justiz und den Betroffenen unötige Härten zu ersparen.

Es bleibt abzuwarten, wie sich die rechtlichen Rahmenbedingungen entwickeln und ob die Forderungen nach einer Reform Gehör finden. Für Menschen wie Mario und Torsten, die wegen eines fehlenden Tickets ins Gefängnis gesteckt wurden, könnte dies einen doppelten Gewinn bedeuten: Freiheit und die Chance auf ein neues Leben ohne die drückende Last einer kriminellen Vergangenheit.

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OrtWiesbaden, Deutschland
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