Goethe-Universität entdeckt unerwartet große Menge geraubter Bücher

Goethe-Universität entdeckt unerwartet große Menge geraubter Bücher

Frankfurt am Main, Deutschland - Die Goethe-Universität Frankfurt am Main hat heute das Ende ihres ersten Provenienz-Forschungsprojekts bekanntgegeben. Die Ergebnisse sind alarmierend und lassen auf mehr geraubte Bücher schließen als zunächst angenommen. Präsident Enrico Schleiff betont, die Universität stelle sich ihrer Geschichte und steht vor der Herausforderung, die rechtmäßigen Besitzer dieser Werke zu ermitteln. Über 79.000 Bände, die zwischen 1942 und 1945 in die Bibliothek aufgenommen wurden, wurden untersucht, wovon ein erheblicher Teil mutmaßlich NS-Raubgut ist. Zudem wurden Bücher aus dem ehemaligen „Offenbach Archival Depot“ betrachtet, welches nach dem Zweiten Weltkrieg zur Rückgabe von Raubgut eingerichtet wurde.

Die Kultur- und Wissenschaftsdezernentin Ina Hartwig beschreibt die Menge der geraubten Bücher als bestürzend. Viele einstige Besitzer konnten nicht ermittelt werden, was die Restitution dieser Werke kompliziert gestaltet. Die Universitätsbibliothek steht somit vor einer umfangreichen Aufgabe, um die geschichtlichen Missstände aufzudecken und die entsprechenden Exponate zurückzugeben. Dieser Prozess könnte viel Zeit in Anspruch nehmen, und weitere Forschungen sind unabdingbar, um die genaue Herkunft der Bücherschätze zu klären. Laut Deutschlandfunk sind die Herausforderungen enorm, war es doch während der NS-Zeit ein weit verbreitetes Phänomen, dass Bücher und Kulturgüter geraubt wurden.

Ein übergreifendes Engagement für Provenienzforschung

In den letzten 25 Jahren hat sich in Deutschland viel bewegt, wenn es um die Erforschung und Rückgabe von NS-Raubgut geht. Die Rahmenbedingungen sind durch die Washingtoner Prinzipien und die Gemeinsame Erklärung deutlich verbessert worden. Seitdem konnten über 30.000 Kunstwerke, Bücher und Archive als NS-Raubgut identifiziert und restituiert werden. Dennoch bleibt die tatsächliche Zahl der Restitutionen ungewiss, da viele Rückgaben nicht öffentlich bekannt werden.

Die Bundesregierung hat in der Zeit von 2008 bis 2022 rund 88 Millionen Euro für die Provenienzforschung bereitgestellt. Für das Jahr 2023 sind weitere 13 Millionen Euro eingeplant, um den Schwerpunkt auf die Aufarbeitung des NS-Kulturgutraubes zu legen. Das Ziel dieser Forschungsinitiativen ist nicht nur die Identifizierung von geraubtem Eigentum, sondern auch die Aufklärung über die Verlustumstände und die damit verbundenen menschlichen Schicksale. So beschäftigt sich die Kulturstaatsminister mit der Herkunft von Kunstwerken sowie den Eigentums- und Besitzwechseln.

Wissenschaftliche Initiativen und Zusammenarbeit

An den Universitäten wie Bonn, München, Berlin, Würzburg und Lüneburg wurden spezialisierte Professuren eingerichtet, um die Provenienzforschung nachhaltig in der Wissenschaft zu verankern. Programme zur Weiterbildung für Mitarbeitende in Museen und Sammlungen sind ebenfalls Teil des Bestrebens, das Bewusstsein für die Vergangenheit zu schärfen. Es ist ein lebendiges Engagement, das zeigt, dass die Aufarbeitung des nationalsozialistischen Kulturgutraubes nach wie vor von großer Bedeutung ist. Provenienzforschung wird nicht nur als Pflicht, sondern auch als Chance angesehen, um Brücken zur Gerechtigkeit zu bauen und die Erinnerungen an die Verfolgten wachzuhalten.

Die Aufgaben in diesem weiten Feld sind vielfältig. Die Universitäten und Institutionen sind gefordert, großzügig und verantwortungsbewusst mit dem vielfältigen Erbe umzugehen, das im Schatten des Zweiten Weltkriegs zurückgeblieben ist. Es bleibt zu hoffen, dass die Mühen der Wissenschaftler, sowie der Einsatz von Institutionen wie der Goethe-Universität, nachhaltige Ergebnisse bringen und den rechtmäßigen Besitzern der geraubten Bücher Gerechtigkeit widerfahren lassen.

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OrtFrankfurt am Main, Deutschland
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