Erinnerung an die Reichspogromnacht: Schüler gestalten Audio-Rundgang in Hofgeismar
Am 10.11.2025 erinnert Hofgeismar an die Reichspogromnacht mit Gedenkaktionen und einem neuen Audio-Rundgang über jüdische Schicksale.

Erinnerung an die Reichspogromnacht: Schüler gestalten Audio-Rundgang in Hofgeismar
Am 9. November 1938 brach in Deutschland eine düstere Nacht an. Die Reichspogromnacht forderte in vielen Städten ihren grausamen Tribut: Synagogen brannten, jüdische Geschäfte wurden geplündert, und unzählige Menschen wurden misshandelt und verhaftet. Auch in Hofgeismar war das nicht anders, wo viele jüdische Bürger vor den Augen ihrer Mitmenschen leiden mussten. Der 10. November 2025 erinnert dennoch nicht nur an dieses dunkle Kapitel, sondern zeigt auch, dass das Gedächtnis wachgehalten werden muss.
Über 60 Grablichter wurden vor der ehemaligen Synagoge in Hofgeismar aufgestellt, eine Geste des Gedenkens an die jüdischen Bürger, die in dieser schrecklichen Zeit ihr Leben verloren. In diesem Jahr liegt der Fokus auf einem besonderen Projekt der Gesamtschule Hofgeismar, bei dem Schüler:innen Audio-Rundgänge über das Schicksal jüdischer Familien während des Holocaust gestalten. Julia Drinnenberg vom Stadtmuseum Hofgeismar leitet dieses Vorhaben, und es sind bereits umfangreiche Recherchen abgeschlossen worden.
Einblick in die Vergangenheit
Im Mittelpunkt steht die Tischgesellschaft der Familie Brandenstein, die sich anlässlich der Bar Mitzwah von Erwin Goldschmidt am 5. November 1936 versammelte. Die Geschichten der dabei anwesenden 40 Personen werden durch Briefe an Erwin rekonstruiert, der später in die USA emigrierte. Einige konnten entkommen, während andere deportiert oder an den Folgen von Misshandlungen starben. Bei der Veranstaltung lasen Schülerinnen Passagen aus den Drehbüchern und erweckten die Charaktere zum Leben, so dass der Raum mit Erinnerungen und Erzählungen erfüllt war.
Die Bedeutung dieser Erinnerungsarbeit wurde auch durch die Worte von Dekan Eisenberg unterstrichen, der die Wichtigkeit der Demokratie betonte und alle dazu ermutigte, sich gegen antidemokratische Bestrebungen zu stellen. Zum Abschluss der Veranstaltung wurden die Namen der im Holocaust ermordeten Hofgeismarer Jüdinnen und Juden verlesen, um deren Andenken zu ehren.
Ein Blick auf die heutige Lage
Die Reflexion über die Geschichte ist in dieser Zeit wichtiger denn je. Der hessische Ministerpräsident Boris Rhein forderte in einer Ansprache, dass der Antisemitismus niemals wieder toleriert werden dürfe. Er betonte die Verantwortung jedes Einzelnen, die grausamen Verbrechen des Nationalsozialismus im Gedächtnis zu behalten. In jenem Kontext ist es alarmierend, dass antisemitische Vorfälle in Hessen 2024 um rund 75 % im Vergleich zum Vorjahr anstiegen, mit 926 gemeldeten Vorfällen, wie im Bericht von hessenschau.de festgehalten wird.
Die Situation wird zunehmend herausfordernder, da das jüdische Leben in Deutschland unter Druck steht und Gewalttaten gegen jüdische Personen zunehmen. Benjamin Graumann, Vorstandsvorsitzender der Jüdischen Gemeinde Frankfurt, äußerte jüngst Besorgnis über die anhaltenden Bedrohungen, die viele Gemeindemitglieder dazu bringen, ihre Identität nicht mehr öffentlich zu zeigen. Diese Entwicklung wird als Teil einer „ungebrochenen Welle“ von Antisemitismus beschrieben, die seit dem Terrorangriff am 7. Oktober 2023 anhält.
Es liegt an uns, die Lehren aus der Vergangenheit zu ziehen und gemeinsam einem erneuten Aufleben des Antisemitismus entgegenzutreten. Denn die Worte von Kultusminister Armin Schwarz, der den 9. November als „deutschen Schicksalstag“ bezeichnete, lassen keinen Raum für Missverständnisse: Die Geschichte muss in unseren Schulen präsent bleiben, um sicherzustellen, dass sich solch ein Unrecht niemals wiederholt.
In Hofgeismar arbeiten die Schülerinnen und Schüler aktiv daran, das Gedächtnis lebendig zu halten, und sie machen uns bewusst, dass die Geschichten der Vergangenheit auch die Zukunft prägen können. Die Dunkelheit darf nicht vergessen werden, damit sie uns nicht wieder überkommt. Wie wichtig es ist, sich zu erinnern, zeigte sich deutlich an diesem 10. November 2025.
Weitere Informationen zu den Geschehnissen der Pogromnacht und deren Bedeutung findet man unter HNA und hessenschau.de.