Gießen eröffnet bedeutende Erinnerungsstätte für Flüchtlingsgeschichte
Gießen eröffnet bedeutende Erinnerungsstätte für Flüchtlingsgeschichte
Gießen, Deutschland - In Gießen wird Geschichte neu erlebt: Gestern Abend wurde ein ehemaliges Notaufnahmelager in einen lebendigen Lern- und Erinnerungsort umgewandelt, der als eines der größten Kulturprojekte Hessens gefeiert wird. Diese neue Einrichtung, die nun für die Öffentlichkeit zugänglich ist, bietet nicht nur Einblicke in die Geschichte der Zuwanderung, sondern auch einen Ort der Reflexion über Flucht und Ankommen.
Was macht dieses Projekt so besonders? Gießen war nach dem Bau der Mauer das einzige Lager seiner Art außerhalb von West-Berlin und beherbergte zwischen 1950 und 1990 etwa 900.000 Menschen, die in die Bundesrepublik strömten. Ex-Bundespräsident Joachim Gauck und der ehemalige hessische Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) waren unter den Gästen der Eröffnungsfeier und heben die Bedeutung hervor, den jungen Generationen die Hintergründe von Flucht und das Engagement für Demokratie näherzubringen. Gauck betonte dabei, wie wichtig es sei, die Gründe für Flucht verständlich zu machen und die Stimmen der Betroffenen zu hören.
Ein Blick auf die Vergangenheit
Die neue Dauerausstellung ist ein Teil dieses Bildungsprojekts und umfasst mehr als 50 Video-Bildschirme mit Zeitzeugenberichten, die die persönlichen Geschichten der ehemaligen Flüchtlinge beleuchten. Einige blieben nur über Nacht, während andere mehrere Monate im Lager verbrachten. Ein künstlerisch gestalteter Trabi, der mit Motiven aus der Ost-West-Geschichte verziert ist, hinterlässt einen bleibenden Eindruck bei den Besuchern. Diese digitale Aufarbeitung der Geschichte spiegelt auch aktuelle gesellschaftliche Diskussionen wider, die in Einrichtungen wie der Erinnerungsstätte Marienfelde zum Ausdruck kommen, wo der Umgang der westdeutschen Gesellschaft mit Zuwanderung beleuchtet wird. Dort wird ebenfalls diskutiert, wie man den Zuwanderern Unterstützung bieten kann und welche Erwartungen sie an die neue Heimat hatten.
Die Perspektive der Zuwanderer und Flüchtlinge ist ein zentrales Thema in der Gesellschaft. Immer wieder stellen sich Fragen nach der Berechtigung zur Einreise und der gesellschaftlichen Teilhabe. In diesem Kontext ist das Oral-History-Archiv, das Interviews mit Migrant*innen und Flüchtlingen von 1945 bis 2016 umfasst, ein wertvolles Projekt, das die Sichtweisen dieser Personengruppen in die deutsche Geschichte einbindet. Die gesammelten Geschichten, die nicht nur auf Video, sondern auch in Form von Bildungsmaterialien aufbereitet sind, bieten einen umfassenden Einblick in die Erfahrungen und Herausforderungen, die Zuwanderer durchlitten.
Ein Ort der Begegnung und des Dialogs
Das Gießener Projekt ist ein hervorragendes Beispiel dafür, wie man durch moderne Aufbereitung von Geschichte einen Raum für Dialog und Bildung schaffen kann. Es lädt ein, die eigene Geschichte kennenzulernen und zu reflektieren, was Flucht in der heutigen Zeit bedeutet. Es ist nicht nur ein Ort, um die Vergangenheit zu verstehen, sondern auch eine Gelegenheit, darüber nachzudenken, wie wir als Gesellschaft mit der Herausforderung von Migration umgehen.
Der Lern- und Erinnerungsort in Gießen wird hoffentlich viele Besucher:innen anziehen und dazu beitragen, dass die Themen Flucht und Migration in unserem kulturellen Bewusstsein einen festen Platz finden. Wer mehr über die bewegenden Geschichten der Flüchtlinge erfahren möchte, ist herzlich eingeladen, die Ausstellung zu besuchen und selbst Teil dieses wichtigen Gedankenaustausches zu werden.
Weitere Informationen zu den Themen Flucht, Migration und der gesellschaftlichen Integration finden Sie auch bei Hessenschau, Berliner Mauer Stiftung, und BPB.
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Ort | Gießen, Deutschland |
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