
Am 19. Januar 2025 feierte das Staatstheater Wiesbaden die Premiere der Neuinszenierung von Richard Wagners Oper „Der fliegende Holländer“. Insgesamt könnte diese Inszenierung als ein Psychothriller bezeichnet werden, da sie die psychologischen Dimensionen der Hauptfiguren in den Mittelpunkt stellt. Inszeniert wurde sie von Martin G. Berger, der sich zuvor durch seine Arbeiten im Musiktheater einen Namen gemacht hat. Berger legt in dieser Version besonderen Fokus auf die Figur der Senta, die zentrale Rolle der Oper.
Die Aufführung thematisiert bedrohliche Elemente der sexuellen Gewalt und ist daher für Zuschauer ab 16 Jahren empfohlen. Die Handlung spielt an einer Piratenparty, die alle sieben Jahre beim Unternehmer Daland gefeiert wird. Dies stellt eine starke Abweichung von der traditionellen Interpretation dar, die sich typischerweise mehr auf die maritime Mythologie konzentriert.
Eine Rückkehr in die Vergangenheit
Senta kehrt nach 21 Jahren in ihre Heimat zurück, nachdem ihre Mutter sie damals fortgebracht hatte. In der Inszenierung verschmelzen die Figuren des Vaters und des Holländers, was zu einem intensiven psychologischen Raum führt, dargestellt durch das Bühnenbild von Alexandre Corazzola. Videos, die Sentas Kindheit und ihre Träume zeigen, sind ein zentrales Element der Visualisierung und werden auf Leinwände projiziert.
Das Kostümdesign setzt auf moderne Akzente: Senta tritt in Jeans auf, während der Holländer in traditioneller Piratentracht erscheint. Diese stilistischen Entscheidungen unterstreichen die zeitgenössischen Themen, die die Inszenierung behandelt. Die Rolle der Senta wurde von der Sopranistin Dorothea Herbert übernommen, die ihr szenisches Debüt am Staatstheater gab und bereits zuvor in Prag Aufsehen als Senta erregte.
Musikalische Details
Die musikalische Leitung liegt in den Händen von Leo McFall, der das Hessische Staatsorchester Wiesbaden dirigiert. Die Hauptrollen werden von einem beeindruckenden Ensemble besetzt: Tommi Hakala als der Holländer, Young Doo Park als Daland, Aaron Cawley als Erik sowie Ariana Lucas als Mary und Lukas Schmidt als der Steuermann. Chöre unter der Leitung von Albert Horne verleihen der Aufführung zusätzliches Gewicht und Ausdruck.
Die neue Inszenierung wird auch bei den Internationalen Maifestspielen 2025 zu sehen sein, mit einer Gala-Besetzung, die Vida Miknevičiūtė als Senta, Johan Reuter als Holländer und Stephen Milling als Daland umfasst. Reuter und Milling sind erfahrene Wagner-Interpreten und treten nun erstmals am Hessischen Staatstheater auf, was die Vorfreude auf diese Inszenierung zusätzlich erhöht.
Im Gesamtcontext betrachtet, lässt sich „Der fliegende Holländer“ als eine Mischung aus romantischer Oper und Dramaturgie beschreiben, in der die Themen des Schicksals, der Liebe und des persönlichen Kampfes ineinander verwoben sind. Wagner selbst präsentierte die Uraufführung der Oper am 2. Januar 1843 in Dresden, und die verschiedenen Interpretationen seiner Werke halten den Komponisten lebendig in der heutigen Theaterlandschaft. Der Fokus auf patriarchale Strukturen in der Beziehung zwischen Vater und Tochter durch Rückschau und Erinnerung bietet eine tiefere Analyse der emotionalen Konflikte, die auch in der heutigen Zeit relevant erscheinen.