
In Bad Nauheim wird die Geschichte der Stadt lebendig durch die faszinierenden Fotografien, die Ute Greb, die Tochter des früheren Verwaltungsleiters des Konitzky-Stifts Karl Engel, in ihren Fotoalben entdeckt hat. Diese Alben, die Greb sorgfältig aufbewahrt, enthalten eine umfassende Dokumentation der Stadt und deren Entwicklung über die Jahre. Engel, der Autor des Buches „Bad Nauheim aus vergangenen Tagen“, hinterließ seiner Tochter Schätze, die Erinnerungen an wichtige historische Ereignisse und Orte widerspiegeln, die heute nur noch als Geschichten bekannt sind. Greb fand kürzlich Bilder vom Hotel Carlton, berühmt durch die tragische „Liebestragödie“, in der ein Jurastudent 1928 seine Freundin erschoss. Diese Entdeckung ließ sie in Erinnerungen schwelgen und erweckte den Wunsch, weiteren historischen Materialien nachzugehen.
Greb erinnert sich an die schwierige Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg, als die Familie in einem Zimmer des Hotels Aegir in der Ludwigstraße 23 leben musste, nachdem ihr Elternhaus beschlagnahmt worden war. „Mein Vater hat alles gesammelt, was Bad Nauheim betrifft“, erklärt sie. Die Alben enthielten unter anderem Fotografien des historischen Badehauses 8, das 1950 abgerissen wurde, und Links zu bedeutenden Persönlichkeiten, die dort verweilten, wie Albert Einstein. Ihre Suche nach dem Erbe ihres Vaters führte sie ins Stadtarchiv, wo der Stadtarchivar Alexander Jung ihr eine Schatztruhe an weiteren Materialien über Karl Engel zeigte.
Historische Entdeckungen
Die Fotos, die Ute Greb durchstöberte, waren für sie oft eine erste Sichtung. Sie entdeckte Aufnahmen der unteren Hauptstraße, der Sprudelapotheke und des Karlsbrunnen-Platzes. Ebenso fanden sich Bilder von einem abgerissenen Gradierbau, der einst eine Verbindung zur Zanderstraße bot. Die Aufnahmen sind nicht nur historisch wertvoll, sondern auch ein Zeugnis der künstlerischen Bemühungen ihres Vaters, der seine Alben mit eigenen Gemälden und Aquarellen verziert hatte.
Trotz des Verlustes ihres Vaters ist Ute Greb entschlossen, die Erbstücke nicht herzugeben. Sie bedauert, das Buch ihres Vaters verliehen zu haben, ohne es zurückzubekommen. Der Andruck des Buches, den sie besitzt, ist für sie ein unbezahlbares Erbe, zumal er mit einer persönlichen Widmung versehen ist. Ihre Entschlossenheit, die Alben in der Familie zu bewahren, widerlegt die Versuche, die Geschichte der Stadt Bad Nauheim in Vergessenheit geraten zu lassen.
Karl May in Bad Nauheim
Ein weiterer Abschnitt der Stadtgeschichte wird durch die Besuche von Karl May im Jahr 1904 beleuchtet. Der bekannte Schriftsteller hielt sich nicht nur zur Kur in Bad Nauheim auf, sondern auch im Rahmen eines Gerichtsprozesses und um Freunde zu treffen. Stadtarchivar Alexander Jung hat diese Ereignisse rekonstruiert und zeigt, wie prominent die Verbindung zwischen May und Bad Nauheim war. Mays Aufenthalt beinhaltete Begegnungen mit bedeutenden Persönlichkeiten, darunter Baurat Carl Eser und der Mainzer Bürgermeister Emil Göttelmann. Klara May notierte in ihrem Tagebuch, dass die Menschen in Bad Nauheim „unbeschreiblich liebe“ waren, was die positive Wahrnehmung der Stadt in dieser Zeit verdeutlicht.
Mays Werk beinhaltet nicht nur berühmte Indianergeschichten, sondern behandelt auch Themen wie Pazifismus, Toleranz und Völkerverständigung. Trotz seiner literarischen Erfolge war Mays Ruf aufgrund seiner früheren kriminellen Vergangenheit und der Stereotypen in seinen Werken umstritten. Diese faszinierenden Aspekte seiner Biografie sind Bestandteil des kulturellen Erbes Bad Nauheims und machen deutlich, wie stark die Stadt von bedeutenden Persönlichkeiten geprägt wurde.
Der Alte Friedhof und seine Geschichten
Ebenfalls Teil der Bad Nauheimer Geschichte ist der Alte Friedhof, der 1802 gegründet wurde und über 5000 Menschen als letzte Ruhestätte diente. Der Friedhof spiegelt die historische Entwicklung Nauheims wider und erlebte im Laufe der Jahre zahlreiche Veränderungen. Um 1900 kam es durch Bautätigkeiten in der Umgebung zur Zerstörung von Teilen des Friedhofs. In den kriegerischen Jahren wurden viele der monumentalen Gedenkstätten verwüstet. Doch der Friedhof bleibt ein wesentlicher Bestandteil des kulturellen Erbes der Stadt.
Heute befindet sich auf dem Gelände ein umgestalteter Park, der an die Geschichte der Bestatteten erinnert. Ein Gedenkstein, der 1997 eingeweiht wurde, gedenkt den Opfern des Nationalsozialismus. Die vielen Facetten der Geschichte Bad Nauheims, ob in Bildern, Literatur oder in der Grabstätte der verstorbenen Bürger, sind Zeugen einer reichen und bewegenden Vergangenheit.