
Der Werra-Meißner-Kreis steht während einer massiven Krise in der Schweinehaltung. Uwe Roth, der Vorsitzende des Kreisbauernverbandes Werra-Meißner, hebt hervor, dass kein Betrieb mehr existiert, der ausschließlich von der Haltung von Schweinen leben kann. Ein dramatischer Rückgang ist zu beobachten: Vor einer Dekade gab es über 100 Betriebe, die sich auf Schweinehaltung spezialisiert hatten. Heute erfordert es mindestens 1500 Masttiere, um in diesem Bereich wirtschaftlich tragfähig zu sein. Dies ist eine alarmierende Entwicklung, die viele Kleinbetriebe betrifft.
Ein praktisches Beispiel für die Auswirkungen zeigt Burkhard Gonnermann, ein Schweinehofbetreiber, der seine Sauenanzahl von 270 auf 90 reduziert hat. Seine Aufzuchtplätze sanken von 1500 auf 700, was den Druck auf den gesamten Betrieb verdeutlicht. Dies geschah vor dem Hintergrund stetig steigender Anforderungen sowie eines besorgniserregenden Preisverfalls am Markt, der die Rentabilität stark beeinträchtigt hat. Diese Veränderungen wirken sich nicht nur auf die wirtschaftliche Lage der Landwirte aus, sondern sorgen auch für Verunsicherung durch ständig wechselnde Auflagen.
Abwärtstrend in der Branche
Die Prognosen für die Schweinehaltung im gesamten Bundesgebiet zeigen eine ähnlich negative Stimmung. Laut agrarheute.com sind viele Schweinehalter besorgt, da sie oft von Kollegen hören, die bereits aufgegeben haben oder planen, dies in naher Zukunft zu tun. Die Fortführung der Schweinehaltung wird als finanziell riskant und bürokratisch herausfordernd beschrieben. Ein Landwirt schildert, dass er im Jahr 2022 aufgrund von Marktschwankungen seinen Sauenbestand hat verringern müssen. Um konkurrenzfähig zu bleiben, implementierte er umfassende Umbauten in seinem Betrieb, die mit einer langen Durststrecke einhergingen. Zwei Jahre lang blieben ihm Einnahmen verwehrt, was erhebliche Belastungen für die gesamte Familie mit sich brachte.
Über die vergangenen Jahre ist die Schweinepopulation im Werra-Meißner-Kreis um mehr als 20 Prozent gesunken. Sie fiel von etwa 23.700 auf knapp 18.000 Tiere im Jahr 2020. Kleinere Betriebe sind von strengen Regelungen zwar teilweise ausgenommen, jedoch zeigt die Entwicklung, dass auch ihre Zahl stetig abnimmt – von 465 im Jahr 2012 auf etwa 300. Diese rückläufige Tendenz stellt nicht nur eine Herausforderung für die landwirtschaftliche Struktur dar, sondern gefährdet auch die Tradition der lokalen Wurstproduktionen wie der Ahle Wurscht, die eine wichtige Rolle in der Wertschöpfung der Region spielt.
Qualität vs. Quantität
Die Herausforderungen, vor denen die Schweinehalter stehen, werden durch die steigende Zahl von Menschen, die vegetarisch oder vegan leben, zusätzlich verstärkt. In Deutschland entscheiden sich mittlerweile 8,43 Millionen Menschen für eine vegetarische Lebensweise, während 1,47 Millionen sich vegan ernähren. Diese Verschiebung in den Ernährungsgewohnheiten hat erhebliche Auswirkungen auf die Schweinehaltung und die gesamte Fleischindustrie. Der Auszahlungspreis für schlachtreife Schweine liegt derzeit bei 1,72 Euro pro Kilo, und der Preis für ein 25-Kilogramm-Ferkel hat sich im Vergleich zum Frühjahr 2020 drastisch verringert – von 79,50 Euro auf nur 45 Euro.
Die Stiftung Mensch & Tier hat sich zur Aufgabe gemacht, die Schweine zum Haustier 2025 zu erklären und dabei einen respektvollen Umgang mit allen Lebewesen zu fördern. Gleichzeitig kritisiert Gonnermann, dass die laufenden Förderprogramme für Stallumbauten nicht in der Lage sind, alle anfallenden Kosten zu decken. Oft werden sie durch neue Auflagen, die vor der Amortisation der Umbauten erlassen werden, noch zusätzlich belastet.
Insgesamt ist klar, dass die Schweinehaltung im Werra-Meißner-Kreis und darüber hinaus in einer tiefgreifenden Krise steckt. Die Landwirte benötigen nicht nur Ausdauer, sondern auch eine fortwährende Bereitschaft zur Anpassung, um den Herausforderungen der Zukunft zu begegnen.