
Am 20. Januar 2025 besuchte Bundeskanzler Olaf Scholz die Stadt Offenbach, um einen neuen Unternehmensstandort der Samson AG einzuweihen. Dieser Besuch war besonders bemerkenswert, da Scholz der erste amtierende Kanzler seit Helmut Schmidt im Jahr 1974 war, der die Stadt besuchte. Auf der Baustelle der Samson AG, die auf dem ehemaligen Clariant-Gelände an der Mühlheimer Straße errichtet wird, gab der Kanzler bekannt, dass das Unternehmen einen Investitionsrahmen von 400 Millionen Euro für den neuen Firmensitz plant.
Die Samson AG, die mit etwa 2.000 Mitarbeitern aus Frankfurt rechnen kann, produziert Ventile, die in acht von zehn Zapffässern weltweit verwendet werden. Die Fertigung in dem neuen Werk soll im Herbst 2025 starten, während die gesamte Fertigstellung für Ende 2026 anvisiert ist. Bei dem Besuch trug Scholz einen Bauhelm und eine Warnweste und besichtigte zuvor die örtliche Brauerei Glaabsbräu.
Wichtigkeit von Investitionen in Forschung
Während seines Aufenthalts in Offenbach betonte der Kanzler die Bedeutung von Investitionen in Forschung und Entwicklung, um Arbeitsplätze zu sichern. Er äußerte den Ratschlag, vor Ort schnell zu handeln und nicht alles zu starr nach Vorschrift zu erledigen. Scholz wurde bei seinem Besuch von Oberbürgermeister Felix Schwenke und Hessens Wirtschaftsminister Kaweh Mansoori begleitet.
Der wirtschaftliche Kontext in dem Deutschland, in dem Olaf Scholz spricht, ist jedoch von Unsicherheiten geprägt. 2022 erlebte das Land ein Wirtschaftswachstum von 1,9 Prozent und blieb von Stromausfällen verschont. Dennoch häufen sich die Sorgen um eine mögliche Deindustrialisierung, die vermehrt in den Medien diskutiert wird. BASF-Chef Martin Brudermüller warnte im vergangenen Jahr vor einem potenziellen Importstopp von Gas- und Öllieferungen aus Russland, was die deutsche Volkswirtschaft in eine massive Krise stürzen könnte. Der Abwärtstrend in der Industrie habe bereits vor der Corona-Pandemie begonnen und wurde durch den Ukraine-Krieg und steigende Energiepreise weiter verstärkt.
Bedrohung der industriellen Basis
Die Debatte um die Deindustrialisierung betrifft nicht nur die Unternehmen direkt, sondern beeinflusst auch das gesamte wirtschaftliche Klima in Deutschland. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck wies die Bedenken zurück und verwies auf umfassende Investitionen in der Industrie. Dennoch gibt es zahlreiche Berichte über die Abwanderung von Industriebetrieben ins Ausland, insbesondere in die USA, die als attraktiv angesehen werden aufgrund niedrigerer Energiepreise.
Eine Deloitte-Umfrage unter 120 Managern zeigte, dass 52 Prozent das Image Deutschlands als Standort negativ bewerten und 45 Prozent die Gefahr einer Deindustrialisierung als groß einschätzen. Zudem bestätigte eine Umfrage des BDI, dass 16 Prozent der befragten Unternehmen erwägen, Teile ihrer Produktion ins Ausland zu verlagern.
Ökonomischen Experten warnen davor, die Thematik Deindustrialisierung als Panikmache abzutun. DIW-Präsident Marcel Fratzscher betonte, dass Deutschland die nächsten zehn bis 15 Jahre nutzen müsse, um die ökologische Transformation und Digitalisierung hinter sich zu bringen, um eine nachhaltige wirtschaftliche Basis zu sichern.
Die Debatte zeigt, dass Deutschland an einem Wendepunkt steht, an dem die Weichen für die zukünftige industrielle Landschaft und die nötigen Rahmenbedingungen gestellt werden müssen.
Für einen tieferen Überblick über die ökonomischen Herausforderungen in Deutschland verweisen wir auf Wirtschaftsdienst, Capital und op-online.de.