
Der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) in Deutschland sieht sich einer ernsten Krise gegenüber, die besonders den ländlichen Raum betrifft. Laut Berichten von Süddeutsche Zeitung warnen die Gewerkschaft Verdi und der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) vor einer existenzbedrohenden Lage. VDV-Präsident Ingo Wortmann hebt hervor, dass die mangelhafte Finanzierung und überholte Strukturen den notwendigen Ausbau und die Modernisierung des ÖPNV behindern.
Verdi-Vizevorsitzende Christine Behle betont, dass aktuell keine Kommune in Deutschland in der Lage ist, den Verkehr problemlos aufrechtzuerhalten. Die Dringlichkeit einer Reform des Regionalisierungsgesetzes, das die Finanzierung des Nahverkehrs regelt, wird von beiden Organisationen gefordert. Dabei brauche es eine höhere Dotierung des Gesetzes sowie eine klare Klärung der Finanzierungsverantwortung von Bund und Ländern.
Probleme im ländlichen Raum
Besonders kritisch präsentierte sich die Situation im ländlichen Raum, wo viele Bürger auf den motorisierten Individualverkehr (MIV) angewiesen sind. Etwa 60% aller Strecken in diesen Gebieten werden mit Pkw zurückgelegt. Dies ist unter anderem auf die unzureichende Taktung, eingeschränkten Bedienzeiten und die mangelnde Gebietsabdeckung des ÖPNV zurückzuführen, wie die Bundeszentrale für Politische Bildung ausführlich beschreibt.
Die Problematik wird zusätzlich durch den Bevölkerungsrückgang und die abnehmende Anzahl an Arbeitsplätzen in ländlichen Gemeinden verstärkt. Der tägliche mobilitätsbedingte CO2-Fußabdruck in ländlichen Regionen ist um fast ein Viertel höher als in städtischen Gebieten, während die Daseinsvorsorge für Senioren und Menschen mit geringem Einkommen oft nicht genügend Unterstützung bietet.
Innovative Mobilitätslösungen gefordert
Um den Herausforderungen im ländlichen Raum zu begegnen, sind neue Mobilitätsangebote notwendig. Autonome Kleinbusse und Carsharing-Lösungen könnten in Zukunft dazu beitragen, die Mobilitätsversorgung zu verbessern. Pilotprojekte für autonome ÖPNV-Shuttles könnten als Testlauf zur Stärkung des ÖPNV dienen. Diese Projekte müssen jedoch an die spezifischen Bedürfnisse der ländlichen Bevölkerung angepasst werden, um einen effektiven Beitrag zur Erhöhung der Attraktivität des ländlichen Raums zu leisten.
Das neue Deutschlandticket wird als Schritt zur Vereinfachung der ÖPNV-Nutzung gesehen, allerdings ist fast die Hälfte Deutschlands vom ÖPNV abgekoppelt. Verdi und VDV fordern wiederum bundesweite, verbindliche Standards für Angebot, Infrastruktur und Betrieb. Es besteht ein drängender Bedarf an Investitionen und einem Umdenken in der Politik, um die Mobilität der unteren Einkommensschichten und ländlichen Gebieten angemessen zu unterstützen.
Die anhaltenden Diskussionen verdeutlichen, wie wichtig eine funktionierende Mobilität ist, um Daseinsvorsorge zu gewährleisten und Abwanderung aus ländlichen Räumen zu stoppen. Eine fokussierte und nachhaltige Mobilitätspolitik könnte die soziale Gerechtigkeit verbessern und den ökologischen Fußabdruck der ländlichen Bevölkerung verringern.