
Am 29. Dezember 2024 wurden zwei Reiterinnen, Anika Haas und Marion Mutz, im Wald bei Greifenstein im Lahn-Dill-Kreis Zeugen eines beunruhigenden Vorfalls: Sie wurden von einem Wolf verfolgt. Die Reiterinnen waren mit ihren Pferden und zwei Hunden unterwegs, als sie den Wolf bemerkten. Ein Video, das die Situation dokumentiert, zeigt, wie sie laut rufen, um das Tier zu verscheuchen, während der Wolf sie über mehr als 20 Minuten hinweg verfolgt.
Das Hessische Wolfszentrum hat die Sichtung des Wolfes nach sorgfältiger Analyse des Videos bestätigt. Greifenstein gehört seit dem Monitoringjahr 2022/23 zu den hessischen Wolfsterritorien. Im Monitoringjahr 2023/24 wurden insgesamt fünf Wolfsterritorien in Hessen identifiziert: Butzbach, Ludwigsau, Rüdesheim und Spangenberg sind weitere Gebiete, in denen Wölfe nachgewiesen wurden.
Wölfe in Hessen: Rückkehr und Schutz
Die Begegnung führte bei den Reiterinnen zu großem Unbehagen. Anika Haas gibt zu, dass sie den Wald seitdem meidet, während Marion Mutz nur noch mit Pfefferspray die Wälder betritt. Dies zeugt von der anhaltenden Angst, die solche Erlebnisse hervorrufen können. Moritz Frey von Hessenforst erklärt dazu, dass Wölfe häufig die Situation beobachten und Menschen zu Fuß oder auf Pferden nicht als Bedrohung wahrnehmen.
Die Rückkehr der Wölfe nach Deutschland ist ein bemerkenswerter Prozess. Vor etwa 150 Jahren wurden Wölfe in Deutschland als ausgestorben betrachtet, doch durch gezielte Schutzmaßnahmen in den 1990er Jahren kehrten sie in das Land zurück. Der erste nachgewiesene Wolf in Hessen wurde 2008 im Reinhardswald festgestellt. Aktuell sind fünf Wölfe in Hessen angesiedelt, was den Anstieg der Population seit 2019 verdeutlicht.
Das Hessische Wolfszentrum und das Wolfsmanagement
Das Hessische Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz hat gemeinsam mit dem HLNUG einen neuen Wolfsmanagementplan entwickelt. Im Mittelpunkt dieses Plans steht das neu gegründete Wolfszentrum Hessen (WZH). Dieser zentrale Ansprechpartner koordiniert unter anderem das Wolfsmonitoring sowie die Betreuung einer Wolfshotline für Bürger und Interessierte.
Das WZH hat die Aufgabe, fachliche Beratung für Einzelpersonen, Tierhalter, Institutionen, Behörden und Verbände bereitzustellen. Es wird auch die Öffentlichkeitsarbeit zum Thema Wolf koordinieren und die neue „AG Wolf“ leiten. Solche Maßnahmen sind von großer Bedeutung, um den Wissenstransfer über die Wölfe und ihre Bedürfnisse in der Gesellschaft zu fördern.
In Hessen fällt der Wolf seit Kurzem unter das Jagdrecht. Diese Regelung hat vorerst keine konkreten Auswirkungen auf den Schutz des Tieres. Dennoch ist es wichtig, der Bevölkerung klarzumachen, wie man sich in solchen Situationen verhält. Bei Begegnungen mit Wölfen wird empfohlen, ruhig zu bleiben, Lärm zu machen und sich langsam zurückzuziehen.
Das Monitoring der Wolfsterritorien in Deutschland wird jährlich von den Bundesländern durchgeführt und die Ergebnisse werden im September in einem Nationalen Monitoringtreffen zusammengetragen. Im aktuellen Monitoringjahr sind 48 Wolfsterritorien bekannt, darunter 42 Rudel und mehrere territoriale Einzeltiere.
Die Entwicklungen um die Wölfe in Hessen und Deutschland sind beobachtenswert. Sie verdeutlichen sowohl die Faszination als auch die Herausforderungen im Umgang mit diesen Tieren, die ausgerottet und nun durch gezielte Maßnahmen wieder in unsere Landschaft zurückgekehrt sind.