
Das Bahntechnik-Unternehmen Hübner hat heute die Kündigung von mehr als 100 Arbeitsplätzen am Standort Kassel angekündigt. Dies entspricht etwa 10 Prozent der 1.100 Mitarbeiter in Nordhessen. Der Stellenabbau, so Hübner, soll sozialverträglich und ohne betriebsbedingte Kündigungen erfolgen. Das Unternehmen strebt eine Kostenreduzierung von 25 Millionen Euro am Standort Kassel an. Diese Maßnahme ist Teil eines umfassenden Sparplans, da der Umsatz der Hübner-Gruppe im Jahr 2023 weltweit bei 472 Millionen Euro lag und das angestrebte Ziel von über 500 Millionen Euro nicht erreicht werden konnte.
Für das Jahr 2024 wird eine ähnliche Umsatzhöhe wie 2023 erwartet. Genaue Zahlen sind allerdings noch nicht bekannt. Hübner hat in den letzten Jahren Strukturen und Kosten aufgebaut, die nun als nicht mehr tragbar angesehen werden. Einige Märkte in Deutschland befinden sich in einer Rezession, was zu Unsicherheiten bei Endkunden und Unternehmen führt. Steigende Kosten, insbesondere im Energiebereich, sowie der globale Wettbewerb aus Asien belasten die Ertragskraft des Unternehmens.
Industrie unter Druck
Die Situation bei Hübner ist nicht isoliert. In der hessischen Industrie häufen sich Meldungen über Stellenabbau und Standortschließungen. Beispielsweise plant SMA Solar in Niestetal den Abbau von 700 Stellen aufgrund eines Nachfragerückgangs und sinkender Preise. Zudem wird Putzmeister bis Ende 2025 den Betrieb in Gründau einstellen, was 250 Mitarbeitern den Arbeitsplatz kosten wird, da die Produktion in die Türkei verlagert wird.
Die Lage ist auch für die 15.000 Beschäftigten im VW-Werk Baunatal ungewiss. Der Konzern plant Einsparungen, doch eine Schließung des Werks gilt als unwahrscheinlich. Dirk Pollert, Hauptgeschäftsführer der Vereinigung hessischer Unternehmerverbände (VhU), beschreibt die gegenwärtige Entwicklung als Strukturkrise, die deutschlandweit zu beobachten sei. Hauptgründe für die ausbleibenden Investitionen sind hohe Bürokratie, langsame Behörden sowie hohe Energiepreise und Steuerbelastungen.
Wirtschaftliche Lage in Hessen
Trotz der Herausforderungen bleibt die hessische Wirtschaft jedoch auf einem stabilen Kurs. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) in Hessen wuchs 2023 nominal um 7,8 Prozent auf 351 Milliarden Euro. Preisbereinigt betrug das Wachstum 1,2 Prozent – damit übertrifft Hessen den bundesweiten Trend, der ein Minus von 0,3 Prozent aufweist. Im Verarbeitenden Gewerbe verzeichnete Hessen einen Zuwachs von 0,3 Prozent, während das produzierende Gewerbe insgesamt um 0,2 Prozent zurückging.
Mit einer Arbeitslosenquote von 5,5 Prozent im Oktober zeigt sich eine leicht rückläufige Tendenz, obgleich negative Frühindikatoren für die Wirtschaft bestehen. Der Rückgang der Beschäftigten in der Zeitarbeit um mehr als 8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr unterstreicht die Unsicherheiten am Arbeitsmarkt.
Obwohl Unternehmen wie Continental in Hessen Standorte schließen und 1.200 Stellen betroffen sind, zeigt die Statistik, dass die Zahl der erwerbstätigen Personen in Hessen mit 3,59 Millionen einen Anstieg um 1,0 Prozent im Vergleich zum Vorjahr verzeichnete. Dies könnte ein Anzeichen dafür sein, dass trotz der strukturellen Herausforderungen die Widerstandsfähigkeit der hessischen Wirtschaft bestehen bleibt.
Die Herausforderungen durch die Corona-Pandemie sowie der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine haben negative Entwicklungen zusätzlich verstärkt. Hübner plant, den Standort Kassel als Stammsitz und Innovationszentrum zu erhalten und weiterzuentwickeln, wobei der Fokus auf der Erschließung neuer Märkte und Technologien sowie dem Ausbau des Servicegeschäfts liegt. Das Unternehmen bleibt führend im Bereich Übergangssysteme für Schienenfahrzeuge und Busse und bemüht sich um Anpassungen zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit.
In Summe bleibt die hessische Wirtschaft auch weiterhin ein wichtiger Akteur im deutschen und europäischen Kontext, auch wenn aktuelle Entwicklungen in der Industrie vor Herausforderungen stehen.
Die Herausforderungen am Arbeitsmarkt und in der Industrie könnten langfristige Reformen erfordern, um die Wettbewerbsfähigkeit und Stabilität der hessischen Wirtschaft zu sichern.
Weitere Informationen sind in den Berichten von HNA, hessenschau und Hessische Statistik zu finden.