
In Nordhessen wird derzeit eine Woche der Suizidprävention veranstaltet, um auf ein drängendes gesellschaftliches Problem aufmerksam zu machen. Stefan Putz von der Psychosozialen Kontakt- und Beratungsstelle „die Brücke“ in Bad Hersfeld berichtet von der häufigen Äußerung suizidaler Gedanken bei seinen Klienten. Diese Initiative wurde von einem Netzwerk unter der Leitung von Professor Reinhard Lindner von der Universität Kassel ins Leben gerufen, dem 40 Institutionen aus Nordhessen angehören. Allerdings gibt es bisher keine Netzwerkpartner aus dem Landkreis Hersfeld-Rotenburg, was die Dringlichkeit der Thematik unterstreicht.
In Hessen haben 811 Menschen im Jahr 2023 ihr Leben durch Suizid beendet, womit das Land den fünften Platz in Deutschland einnimmt. Im Vergleich dazu lag die Zahl der Suizide im Jahr 2020 bei 768, 741 in 2018 und 744 im Jahr 2017. Die statistischen Erhebungen sind jedoch unvollständig, da viele Fälle nicht in den offiziellen Daten erfasst werden. Experten schätzen, dass die tatsächlichen Zahlen deutlich höher liegen, was die Dunkelziffer der Suizide betrifft, wie hn.de hervorhebt.
Risikofaktoren und gesellschaftliche Auswirkungen
Die Gründe für suizidale Gedanken sind oft komplex und vielschichtig. Putz erwähnt, dass psychische Erkrankungen, Arbeitslosigkeit, Hoffnungslosigkeit und schwere Traumata häufige Auslöser sind. Laut Professor Dr. Martin Teising stellen Depressionen, Suchterkrankungen und Angststörungen wesentliche Risikofaktoren dar. Besonders gefährdet sind Männer über 80 Jahre, bei denen die Suizidrate ansteigt, während die Gesamtsuizidzahlen in Deutschland Rückgänge zeigen.
Die häufigsten Methoden, die zum Suizid führen, sind Erhängen und die Einnahme von Medikamenten. Interessanterweise ist das Durchschnittsalter der Suizidopfer im Jahr 2022 bei 60,7 Jahren angesiedelt. Es ist alarmierend, dass über 10.304 Menschen in Deutschland 2023 Suizid begingen, was mehr als dreimal so viele sind wie die durch Verkehrsunfälle (2.839) verursachten Todesfälle.
Die Bedeutung der Prävention
Die Suizidprävention hat in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen, insbesondere in Hinblick auf neue gesetzgeberische Vorschläge. Dazu gehören eine bessere Finanzierung von Beratungsstellen sowie die Einführung einer einheitlichen Krisenrufnummer, um Betroffenen schneller und effektiver helfen zu können. Teising betont zudem die langfristigen Auswirkungen von Suizid auf die Angehörigen, die oft jahrelange Trauerprozesse durchleben müssen.
Die gesellschaftliche Stigmatisierung von Suizidgedanken führt dazu, dass Betroffene oft kaum Möglichkeiten haben, ihre Sorgen zu äußern. Viele haben Angst, nicht ernst genommen zu werden oder ihre sozialen Kontakte zu verlieren, was die Gefahr einer weiteren Isolation erhöht. Es ist daher wesentlich, offene Gespräche über Suizid zu führen, um Ausgrenzung zu vermeiden und den psychischen Druck auf Betroffene zu verringern. Laut Angaben von suizidpraevention.de sind zudem über sechs Personen durchschnittlich von jedem Suizid betroffen, was die weitreichenden Folgen für Familien und Freunde verdeutlicht.
Die Woche der Suizidprävention soll dazu beitragen, ein besseres Bewusstsein für diese tragische Problematik zu schaffen. Putz hat gemeinsam mit seinem Team einen Leitfaden entwickelt, um Risikofaktoren frühzeitig zu erkennen und angemessen reagieren zu können. Dies spiegelt die allgemeine Richtung wider, in die sich die Suizidprävention in Deutschland entwickelt, auch wenn noch viel Arbeit vor uns liegt.