
Die finanzielle Situation in den nordhessischen Landkreisen hat ein kritisches Niveau erreicht. Fünf Landräte kritisieren die angespannte Lage und haben ein Positionspapier an Bund und Land unterzeichnet, um dringend Veränderungen zu fordern. Unter den Landräten sind Andreas Siebert (Kassel, SPD), Jürgen van der Horst (Waldeck-Frankenberg, parteilos), Winfried Becker (Schwalm-Eder, SPD), Torsten Warnecke (Hersfeld-Rotenburg, SPD) und Nicole Rathgeber (Werra-Meißner-Kreis, Freie Wähler) vertreten. Sie verlangen eine unbürokratische Stundung der Hessenkasse-Beiträge sowie eine flexible Handhabung durch die Aufsichtsbehörden, um unausgeglichene Haushalte zu genehmigen. HNA berichtet, dass die Landräte zudem eine gerechtere Aufteilung der Umsatzsteuer und eine Überprüfung der Sozialleistungsgesetze anmahnen.
Die Situation ist alarmierend. Im Jahr 2024 droht den Landkreisen laut Schätzungen ein Rekorddefizit von -2,6 Milliarden Euro, was einer Verschlechterung um fast 800 Millionen Euro im Vergleich zu 2023 entspricht. Über 240 von 294 Landkreisen haben Probleme, ihre Haushalte auszugleichen, wobei die Rücklagen nahezu vollständig aufgebraucht sind. Landkreistag berichtet, dass die finanzielle Lage sich 2023 um 2,3 Milliarden Euro verglichen mit 2022 verschlechtert hat, was die Landkreise an den Rand eines Kollapses bringt.
Kreisumlage und steigende Ausgaben
Die überwiegende Mehrheit der Landkreise ist gezwungen, die Kreisumlage zu erhöhen, um den gestiegenen Ausgaben, vor allem im Bereich soziale Leistungen, gerecht zu werden. 16 der 21 hessischen Landkreise haben im vergangenen Jahr die Umlage erhöht. Dies führt zu wachsender Kritik in den Städten und Gemeinden, die bereits unter Druck stehen. Für 2024 wird ein Anstieg der Zuweisungen um 4,9 % prognostiziert, doch bleibt dieser hinter dem Ausgabenwachstum von 9,9 % zurück, wie Landkreistag auch berichtet.
Die Belastungen durch die Sozialausgaben steigen ebenfalls dramatisch. Im Jahr 2023 verzeichneten die Landkreise einen Anstieg der Ausgaben für soziale Leistungen um 47,2 %. Davon betrafen 16,4 % die Grundsicherung für Arbeitsuchende, während die Ausgaben für Asylbewerberleistungen 57,9 % der Gesamtausgaben ausmachten. Diese Entwicklungen machen die Finanzplanung der Kommunen extrem herausfordernd.
Aufruf zu Reformen
In Anbetracht dieser kritischen finanziellen Umstände fordern die Landräte eine vollständige Übernahme der Kosten für die Ganztagsbetreuung durch Bund und Land. Sie kritisieren auch die langfristige Finanzierung von staatlichen Aufträgen für Kommunen und bitten um Unterstützung, um die kommunalen Steuereinnahmen zu stärken. Jürgen van der Horst äußerte besorgt: „Das Geld ist nicht mehr da“ und Andreas Siebert warnte, dass man „langsam zu Insolvenzverwaltern mutiert“. HNA fügt hinzu, dass die über 400 Kommunen in Hessen Rücklagen von 8,2 Milliarden Euro haben, ein Umstand, der als unrealistisch angesehen wird.
Zusammenfassend wird deutlich, dass die nordhessischen Landkreise und viele andere im gesamten Bundesgebiet sich in einer immer prekären finanziellen Lage befinden. Es bedarf umgehender Reformen und einer Anpassung der finanziellen Rahmenbedingungen, um eine nachhaltige Finanzpolitik zu gewährleisten und den Forderungen der Kommunen Rechnung zu tragen.