
In Gießen hat eine besorgniserregende Krankheitswelle eingesetzt, die insbesondere Kinder stark betrifft. Zahlreiche Eltern suchen vergeblich nach Hilfe, während sich vor den Kinderarztpraxen lange Schlangen bilden. Kinderarzt Christoffer Krug berichtet von einem massiven Anstieg erkrankter Kinder und erschöpften Praxisteams. Er verweist auf den Einfluss von trockener Innenraumluft und Heizungen, die die Verbreitung der Erreger begünstigen. Laut dem Robert-Koch-Institut (RKI) sind rund acht Millionen Menschen in Deutschland, darunter besonders viele Kinder, von Atemwegserkrankungen betroffen.
Statistisch gesehen leidet jedes sechste Kind im Alter von 5 bis 14 Jahren an akuten Atemwegserkrankungen wie Grippe oder Influenza. Ein besorgniserregender Trend zeigt, dass die Zahl der hospitalisierten Kinder aufgrund von Grippe-Diagnosen gestiegen ist. In der letzten Woche wurden in Gießen 5150 Arztbesuche pro 100.000 Einwohner registriert, eine deutliche Steigerung im Vergleich zum Vorjahr mit 3610 Besuchen. Ein weiterer Aspekt ist die Influenza-B-Variante, die in diesen Zeiten besonders lange und schwere Krankheitsverläufe bei Kindern hervorruft.
Erkrankungen und Impfempfehlungen
Zusätzlich zu den Atemwegsinfektionen treten auch Scharlach und Magen-Darm-Erkrankungen auf, die oft durch Rotaviren und Noroviren verursacht werden. Das Robert-Koch-Institut hat festgestellt, dass die Zahl akuter Atemwegserkrankungen besonders bei Kindern und Jugendlichen zunimmt. Insbesondere gravierend ist der Anstieg bei 0- bis 4-Jährigen und 5- bis 14-Jährigen, wo die Fallzahlen deutlich ansteigen.
Prof. Johannes Hübner, Leiter der Infektiologie am LMU-Klinikum München, gibt zu bedenken, dass die Situation typisch für die Wintermonate ist. Im Krankenhaus sind alle Betten belegt, jedoch müssen weniger Kinder als in den Vorjahren in die Ambulanz aufgenommen werden. Die Ständige Impfkommission empfiehlt seit Oktober eine Prophylaxe gegen das respiratorische Synzytialvirus (RSV) für Neugeborene und Säuglinge, was zu einer Verringerung der schweren Krankheitsverläufe führen könnte.
Familien betroffen
Die Krankheitswelle macht jedoch nicht vor den Eltern halt. Viele Erwachsene zeigen Symptome von Hals-, Nasen- und Rachenbeschwerden sowie Fieber. Witold Rak, ein Hausarzt, empfiehlt Schutzmaßnahmen wie das Tragen von Masken und das Vermeiden von Menschenansammlungen. Diese Maßnahmen sind besonders wichtig, da kranke Kinder nicht zu älteren Verwandten geschickt werden sollten, um diese nicht zu gefährden. RKI-Experten raten Eltern, auf das Verhalten ihrer Kinder zu achten und bei Apathie oder starkem Fieber schnell zu handeln.
Die Influenza, die derzeit in Deutschland grassiert, ist ansteckend und sorgt für Besorgnis. Während das antivirale Medikament Tamiflu nur bei stationären Fällen eingesetzt wird, wird die Grippeimpfung für Kinder in Deutschland nicht allgemein empfohlen, in anderen Ländern hingegen schon. Hübner spricht sich für eine Grippeimpfung aus, um auch die älteren Mitmenschen zu schützen und warnt vor den möglichen Langzeitfolgen der Infektion.
In den kommenden Wochen wird erwartet, dass die Zahl der Grippefälle noch weiter ansteigt. Die hohe Erkrankungsrate bei Kindern spiegelt sich bereits in einem Anstieg der Erkrankungen bei Erwachsenen wider, was darauf hindeutet, dass die Krankheitswelle noch nicht vorüber ist. Diese dynamische Situation erfordert eine verstärkte Aufmerksamkeit und Prävention, um die Gesundheit der Bevölkerung zu gewährleisten.