
Niederweimar, ein kleiner Ort in Hessen zwischen Marburg und Gießen, ist zu einem Hotspot für illegale Gleisüberquerungen geworden. Viele Menschen umgehen den langen Umweg von 800 Metern, um von Gleis 1 auf Gleis 2 zu gelangen. In den Sommermonaten, wenn zahlreiche Besucher zum nahegelegenen Badesee strömen, ist die Anzahl der illegalen Überquerungen besonders hoch. Tragische Unfälle sind in Hessen keine Seltenheit: Im Jahr 2020 verlor eine junge Frau ihr Leben, weil sie einen heranrasenden Zug nicht hörte. Dies geschah in einem Bereich, der keinen klassischen Bahnübergang besitzt, sondern lediglich über eine abseits gelegene Verkehrsbrücke erreichbar ist, wie tagesschau.de berichtet.
Die Problematik ist den lokalen Behörden nicht neu. Bürgermeister Markus Herrmann betont, dass das Thema bereits seit längerer Zeit bekannt sei. Um dem Problem zu begegnen, haben die Verantwortlichen den Abriss und Neubau der Brücke mit beidseitigem Treppenaufgang geplant. Der Bau soll Ende des Jahres beginnen. Bis dahin kann die Bahn gemeinsam mit der Polizei lediglich Bußgelder verhängen und Aufklärung betreiben. Die Deutsche Bahn Sicherheit führt Präventionsmaßnahmen an Schulen durch, um das Bewusstsein für die Gefahren des illegalen Überquerens zu schärfen. Bundespolizist Ibrahim Aras warnt eindringlich vor der Unterschätzung der Gefahr durch Züge und Oberleitungen, die mit bis zu 15.000 Volt arbeiten.
Statistiken zu Unfällen an Bahnübergängen
Die aktuellen Unfallstatistiken belegen die Gefährlichkeit von Bahnübergängen. Im Zeitraum von Januar bis Oktober 2024 kamen in Deutschland 58 Menschen bei Unfällen an Bahnübergängen ums Leben, während es im gesamten Jahr 2023 72 Todesfälle gab. Eine Vielzahl dieser Unfälle geschieht an Übergängen mit Schranken. Nach Angaben der Bundespolizei wurden bis zu diesem Zeitpunkt 168 Unfälle an Bahnübergängen erfasst, was eine besorgniserregende Zahl darstellt.
Die formale Statistik erfasst allerdings nicht, wenn Verunglückte erst später an ihren Verletzungen sterben, was die Zahlen weiter relativiert. In Hessen sind die häufigsten Unfälle tragischerweise mit illegalen Gleisüberquerungen verbunden. Ein Beispiel sind zwei junge Männer in Langenselbold, die von einem ICE erfasst wurden, als sie die Gleise überquerten.
Forderung nach verstärkter Aufklärung und Sicherheit
Der Leiter Bahntechnik bei TÜV NORD, Stefan Pöting, hebt hervor, dass jeder dritte Unfall aus Sicht der Bahn an einem Bahnübergang geschieht. Bei Unfällen mit Todesfolge sind es sogar 98 Prozent. Dies ist alarmierend, insbesondere angesichts der oft unterschätzten langen Bremswege von Zügen. Ein Nahverkehrszug benötigt bei einer Geschwindigkeit von 160 km/h bis zu 700 Meter zum Stoppen, selbst bei einer Gefahrenbremsung. Die Techniken wie Schranken oder Warnlichter können die Sicherheit erheblich erhöhen und sollten daher verstärkt eingesetzt werden.
Das Risiko, einen Bahnübergang zu überqueren, wird häufig unterschätzt, was zu vermeidbaren Tragödien führen kann. Das Bewusstsein für diese Gefahren und eine angemessene Aufklärung sind entscheidend, wie auch die zahlenmäßigen Erfassungen von Unfällen in der Statistik. Ronald Wachsmuth von DB Sicherheit appelliert an die Vernunft der Menschen und fordert die Bürger auf, lieber einmal zu spät als ein Risiko einzugehen. schiene.de und tuev-nord-group.com bekräftigen diese notwendigen Anstrengungen zur Verbesserung der Sicherheit an Bahnübergängen.